Im Nachfolgenden wird der Begriff "Beobachten" nicht verstanden im Sinne von "Sehen mit den Augen", sondern vielmehr im Sinne von Ausüben von Aufmerksamkeit in unterschiedlicher Intensität und Qualität. Das kann sowohl mit Hilfe von Sinneserfahrungen erfolgen, wie auch durch das Benutzen von Erinnerungen und Vorstellungen. Beides ist hier zu verstehen als "Beobachten".
Allgemein gesagt ist es "die Fähigkeit Aufmerksamkeit auszuüben".
Die Fähigkeit Aufmerksamkeit auszuüben
Diese Fähigkeit ist allen Wesen, von denen wir sagen dass sie leben, gemein. Jedes Lebewesen übt Aufmerksamkeit in einer bestimmten Intensität und Qualität aus. Würde es das nicht tun, könnte es nichts bemerken, weder eigene noch fremde Aktionen, noch das eigene Reagieren auf Aktionen.
Wenn die Forscher diesen verschiedenen Verhaltensmöglichkeiten auch unterschiedliche Namen und Bezeichnungen gegeben haben, wie beispielsweise sensorische Fähigkeiten, Instinkte, bio-chemische Reaktionen oder Ähnliches, es ändert nichts an der Tatsache, dass es Formen von Aufmerksamkeit sind.
Die Fähigkeit Aufmerksamkeit auszuüben ist das eigentlich Charakteristische für jedes Lebewesen. Ausnahmslos. Sie gilt für alle Lebewesen, vom kleinsten Einzeller bis hin zu einem Gott. Denn übte ein Einzeller keine Aufmerksamkeit aus, könnte er nichts bemerken und nicht das tun, was ein Einzeller halt so macht. Und übte ein Gott keine Aufmerksamkeit aus, könnte er sein eigenes Universum nicht bemerken. Daher sind alle Lebewesen dadurch charakterisiert, dass sie Aufmerksamkeit ausüben.
Die Fähigkeit "Aufmerksamkeit auszuüben" in unterschiedlicher Intensität und Qualität ist unverzichtbar, wenn es darum geht, dem Begriff "Leben" eine präzise, einzigartige und unzweifelhafte Bedeutung zu verleihen. Das bedeutet im Umkehrschluß: Alles, was keine Aufmerksamkeit ausübt, gilt nicht als lebendig.
Was das im Zusammenhang mit diesem Thread zu tun hat, möchte ich gerne im Nachfolgenden aufzeigen. Ich stelle eine Behauptung auf und zeige die Argumente, die die Behauptung bestätigen. Ich würde mich freuen, wenn es jemanden gibt, der meine Argumentationsfolge nachvollziehbar widerlegen kann, denn dann wüßte ich, dass ich mich geirrt habe. Von Vermutungen, Annahmen, Spekulationen oder gar Unterstellungen bitte ich abzusehen. Sie bringen keinen von uns persönlich weiter.
Behauptung:
Es gibt keine Situation, kein Universum, in dem sich zwar ein Beobachter befindet, aber nichts, was er beobachten könnte.
Jedes Beobachten besteht aus drei Aspekten:
Aspekt 1: Die Fähigkeit Aufmerksamkeit auszuüben
Aspekt 2: Ein Beobachter, der sich mit etwas identifizieren kann
Aspekt 3: Das zu Beobachtende
Alle drei Aspekte tauchen IMMER GLEICHZEITIG auf. Doch nur die Aspekte 2 und 3 bedürfen des ersten Aspektes.
Lassen Sie uns damit beginnen, die Plausibilität des Hiergesagten für jeden der drei Aspekte zu prüfen, und beginnen wir mit dem Aspekt 3.
Plausibilität für Aspekt 3:
Der Aspekt 3, das Vorhandensein eines Etwas, ist nur dann möglich, wenn es auch die Aspekte 2 und 3 gibt.
Begründung:
Etwas zu Beobachtendes (Aspekt 3), was NIEMAND beobachtet, gibt es deswegen nicht, weil es niemanden gibt, der weder eine Aussage über das Vorhandensein eines zu beobachtendes Etwas machen, noch sich etwas darüber ausdenken könnte. Hier ist es nichtmal möglich, eine Vermutung über das Vorhandensein eines existierenden Etwas machen zu können, weil eben NIEMAND da ist, der eine solche Annahme machen könnte.
Der Physiker Nick Herbert bringt es auf den Punkt, in dem er sagt: "Es gibt keine Wirklichkeit in der Abwesenheit von Beobachtung."
Daraus folgt:
Etwas, von dem man sagt, dass es existiert, bedarf in allen Fällen eines Beobachters, der eine solche Aussage macht.
Für ein Lebewesen ist erst dann etwas vorhanden (was auch immer), wenn es sich in seinem Bewußtsein befindet in Form von Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen, Vorstellungen, Überzeugungen, etc.
Plausibilität für Aspekt 2:
Der Aspekt 2 ist nur dann möglich, wenn es auch den Aspekt 1 gibt, aber nicht zwingend den Aspekt 3. Das kann man nachweisen mit dem in der Psychologie bekannten Alpha-Zustand. Dieser Zustand beschreibt zwar das Vorhandensein eines Ichs, aber dieses Ich befindet sich einem Zustand, in dem es sich mit nichts identifiziert. Um es anschaulich zu sagen: Das Ich erfährt den Zustand, sich zwischen zwei Gedanken zu befinden, zwischen zwei Gefühlen, zwischen zwei Erinnerungen oder Vorstellungen. Dieser Zustand ähnelt dem des Schlafens, ist aber kein Schlafen.
Denn im Vergleich zum Schlafen muß der Alpha-Zustand zu den Erlebnisphasen gerechnet werden, von denen es grundsätzlich zwei gibt: Den so genannten Wachzustand und den Traumzustand. Beides sind Erlebnisphasen, in denen Identifizierungen mit Bewußtseinsinhalten stattfinden (mit Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen, Vorstellungen, etc.) bei denen es dann zu einem Erlebnischarakter kommt.
Der Alpha-Zustand ist der Zustand BEVOR es zu einer Identifizierung mit einem Bewußtseinsinhalt kommt. In diesem Zustand ist das Ich zwar bereits vorhanden, aber es bemerkt lediglich die Nicht-Identifizierung mit einem Gedanken, Gefühl, Erinnerung, etc.
Dieses Bemerken einer Nicht-Identifizierung ist ein aktiver Vorgang des Erlebens (man merkt, dass man sich mit nichts identifiziert, das Erlangen dieses Zustandes kann man üben), daher muß der Alpha-Zustand zu den Erlebnisphasen gezählt werden. Das Schlafen hingegen ist keine Erlebnisphase, weil in diesem Fall nichtmal ein Ich vorhanden ist, welches den Schlaf bemerken könnte. Es gibt kein Ich, welches bemerkt, dass es schläft. Schlafen ist reines Sein ohne Ich.
Daraus folgt:
Der Aspekt 2 ist ausschließlich nur abhängig vom Aspekt 1, vom Vorhandensein der Fähigkeit Aufmerksamkeit auszuüben, nicht jedoch von einem Aspekt 3.
Plausibilität für Aspekt 1:
Der Aspekt 1, die Fähigkeit Aufmerksamkeit auszuüben, bedarf nicht unbedingt der Aspekte 2 und 3. Die Fähigkeit Aufmerksamkeit auszuüben ist immer und ständig vorhanden, um etwas zu beobachten, zu bemerken, festzustellen, und sei es die Abwesenheit von etwas.
Es ist nicht möglich KEINE Aufmerksamkeit auszuüben, weil dieser Zustand nicht erfahrbar ist. Es bedarf einer Instanz in mir, die bezeugt, dass ich keine Aufmerksamkeit ausübe. Genau das aber ist bereits ein Ausüben von Aufmerksamkeit.
Wir Menschen benutzen dafür gerne den Begriff "Bewußtlosigkeit". Aber so etwas gibt es nicht. Wenn ich nicht mehr reagiere, wird man sagen, dass ich bewußtlos bin. In Wirklichkeit kann ich jedoch vollkommen bewußt sein. Ich bin lediglich nicht fähig zu kommunizieren, was verschiedene Gründe haben kann, auf die ich hier nicht im Einzelnen eingehen kann.
Was wir mit "Bewußtlosigkeit" bezeichnen sind in Wirklichkeit die Lücken in unserem Wahrnehmungsvermögen sowie dass wir nicht fähig sind zu kommunizieren. Es ist erfreulich zu lesen, dass man in der modernen Koma-Forschung auch schon zu dieser Erkenntnis gelangt ist. Man hat oft genug fälschlicherweise angenommen, dass sich ein Patient in einer Bewußtlosigkeit befindet, doch als er nach dem "Aufwachen" aus dem Koma gefragt wurde, ob er etwas mitbekommen habe, sagten viele von ihnen zur Verblüffung der Ärzte: "Ja, alles". Sie waren lediglich nicht fähig zu kommunizieren. So viel dazu.
Zusammenfassung:
Ein Universum ist dadurch charakterisiert, dass etwas zu Bemerkendes vorhanden ist. Es gibt kein Universum, in dem sich NICHTS befindet, da in einem solchen Fall nicht von einem Universum gesprochen werden kann, weil nichts da ist, welches durch den Begriff Universum repräsentiert werden könnte.
Und weil alles zu Bemerkende sich lediglich als Bewußtseinsinhalt äußert, und weil sämtliche Bewußtseinsinhalte abhängig sind vom Vorhandensein der Fähigkeit Aufmerksamkeit auszuüben, folgt daraus unausweichlich:
Es gibt keine wesentliche Unterscheidung zwischen dem, was man Universum und Bewußtsein nennt.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Awareness« (23. Oktober 2010, 17:27)